Bieler Lauftage 7./8. Juni 2019
Vorab die Fakten zum neugierig machen auf den Bericht:
100 km Non stop Einzel-Lauf:
LSG Läufer/innen: Jule Ruff: 12:43:18 h, Platz 7 Altersklasse und Platz 43 unter allen Frauen
Thore Göbel: 9:11:12 h, Platz 1 Altersklasse und Platz 24 im Gesamtklassement
Dietmar Göbel: 9:11:15, Platz 5 Altersklasse und Platz 25 im Gesamtklassement
Starter als Einzelläufer: 751 Männer und 170 Frauen
Sieger: Florian Vieux in 7:01:13 h
Siegerin: Claudia Bernasconi 8:18:28 h (wiederholt ihren Sieg von 2018).
Zum Lesen, Schmunzeln und Nachdenken:
Warum läuft man 100km? Eine Frage, die Jeder immer wieder hört der es tut. Seine Grenzen testen? Den Körper wie ein gutes Auto auf einer Rennstrecke mal richtig „ausfahren“? Als Spendenlauf (Hab´ ich auch schon 3 x gemacht)? Als Beweis eines Stammtischspruches (Hier: „E-Bike um 100km Strecken zu fahren? Die läuft man!“). Weil man seinen Körper einmal bis in die letzte Faser spüren möchte? ……..Es gibt viele Antworten und vielleicht sind alle irgendwie richtig.Aber wieso dann ausgerechnet Biel? Durch die Nacht. Gegen die Bio-Kurve! Mit einer Art Trailpassage am Emmedamm! Eine große Runde ohne ständige - z.B. alle 5 km - Depotmöglichkeiten für Kleiderwechsel bei Wetterwechsel?Das kann ich beantworten: 1. Biel ist „classico“: Ältester 100 km in Europa, bestehend seit 1959, somit dieses Jahr zum 61. mal!2. Biel wird mit Liebe und Herzblut ausgerichtet, was man an allen Ecken und die gesamte 100 km Strecke entlang merkt!3. Alle Dörfer und Dorfbewohner auf der „großen Runde“ feiern die ganze Nacht die Läufer und feuern sie unermüdlich an!4. Nicht umsonst wird unter Ultraläufern der Name Biel im Vergleich zu anderen 100-derter Namen mit besonderer Achtung ausgesprochen und wenn man sagt: „Ich laufe Biel“, meint man die 100 km Strecke. Alles andere verlangt nach Kilometerzusatz (Wie: Ich laufe in Biel 56 km). Biel ist 100 km. Biel ist eine Definition im Laufsport. 5. Die Strecke ist eine große Runde, was es eben schwerer macht, aber auch einen Drehwurm wie bei im Extrem den Hallenläufen vermeidet. 6. Durch die Nacht: Statt Fernsehen, die Nacht einmal anders „durchfeiern“……………..“Es ist eben Biel“. Deswegen startete ich (=Dietmar) seit 2004 nun auch zum 8. Mal, Thore zum 2. Mal und Jule wollte sich dieses Jahr zum ersten Mal an dieses Erlebnis der 100 km non-stop Strecke herantrauen. Jule nutzte in Form einer Freundin die ab ca. KM 25, mit einer kurzen Unterbrechung zw. KM 55 und 65, bis zum Ziel erlaubte Radbegleitung. Gerade beim ersten Mal durch die Nacht und der diesmal schwierigen Wetterprognose mit Wind/Sturm und Regen von 22:00 Uhr bis morgens um 5, sehr vernünftig. Thore und ich liefen wieder als Vater-Sohn Team wie die letzten 2 Jahre bei Ultras häufiger. Keiner kann zwar Bestzeit laufen (insbesondere Thore nicht), aber es macht Spaß und die Zeit vergeht schneller. Denn langweilig wird es schon mal bzw. man wird als Läufer ungeduldig bzgl. dem Vorwärtskommen. Start 22:00 Uhr, wie immer mit großen „Hallo“ und dem Bieler American Football Team als vorderste Startreihe zur Vermeidung von Frühstartern. Es hat schon Etwas, wenn diese im Football Dress beim Startschuss lossprinten und wie ein großes Tor sich nach rechts und links teilen. Die ersten Kilometer durch Biel und die direkten Vororte: Kontinuierliche Party und für den Läufer: „Mach langsam am Anfang“. Letzteres gilt auch auf den ersten doch Recht langen Steigungen aus Biel heraus. Nach ca. 5 km wird es ruhiger und Thore und ich finden unseren 5er Schnitt. Leider gibt es doch etwas Regen und vorallem der starke Wind stört den Genuss. Aber er lässt mich auch innerlich lachen bzw. einmal spreche ich es auch einem Läufer gegenüber an: „Wie kannst Du glauben hinter meinen 1,62 m Winterschatten zu laufen, wenn Du selbst 1,80 m bist?“ Ideen haben manche Leute.Bei Kilometer 18 Aarberg, die klassische Holzbrücke als Fotomotiv und großes Hallo im Ort. Für die Stafetten-Läufer der erste Wechsel auf den 2. im Fünfer Team. Hanjo ist da zum Abklatschen und findet uns auch, obwohl wir in den gelben Regenjacken in der Masse sicher fast untergehen. Außerdem sind ja zu diesem Zeitpunkt noch die 56 km, die Walker, die Partnerläufer, die Halbmarathonis, etc. unterwegs. Das Feld wird sich noch ausdünnen in der Nacht! Nächstes großes örtliches Ziel ist Oberramsern bei Kilometer 38. Wir halten unseren Fünfer-Schnitt und sind froh anscheinend „gut“ zu liegen, so dass uns die ab Kilometer 25 viele Läufer begleitenden Radcoaches nicht zu sehr stören. - Übrigens kein leichter Job und noch schwerer, wenn man andere Läufer nicht behindert oder dies wenigstens versucht! Wer es mag oder Bestzeit laufen will: Man hat sicher alles wie Regenjacke, Ersatzstirnlampe etc dabei und muss nicht an den Verpflegungsposten halten. Macht allein bei ab da noch 15 VPs und pro VP 2 min Zeitverlust eine halbe Stunde Zeitgewinn plus es entfällt dieses „schwierige“ Wiederanlaufen nach dem Stopp am VP. Oberramsern: 3:12 h und wie wir später erfahren Platz 40/41, darauf lässt sich bei dem Wetter eigentlich aufbauen, nur: Thores Magen mag nicht mehr: Also Tempo raus, nur noch 5:30/km und an jedem VPs exaktes wählen was der Magen gerade will, im Gehen essen, nicht „schlingen“ und Apfelschale im Mund isolieren und später in die Wiese spucken. Ballaststoffe wir brauchen Euch gerade mal nicht und Apfelschale kompostiert. Bitte nie mit Orangenschalen oder Banane machen! Marathondistanz so nebenbei, dann aber fängt in Biel der Kopf an: Ist ja auch schon rund 2 Uhr morgens und der Geist sagt mit Yoda dem Yedimeister (= Krieg der Sterne!): „Schlafen ich muss jetzt“. Kilometer 50 und mit Ungedult erwartet KM 56 in Kirchberg. Mit 4:51 h passt es noch, und Platz 30/31 von den knapp 1000 Startern ist ja auch okay. J. Man arbeitet sich als trotzdem nach vorne. Emmedamm, auch Ho-Tschi-Min Pfad genannt, wir kommen. Wegen „Unpassierbarkeit“ ist der Teil 1 des Damms mit einer Umleitung zu umlaufen. Das sagt glaube ich viel. Enger Weg, nachts um 3 oder später, Steine, Kanten und Wurzel. „Hebt hoch Eure Füße….“ oder ihr fallt „dahin“. Als wir KM 70 erreichen, fällt mir die Fürsorge des Veranstalters auf ganz andere Weise auf: Alle 5 km steht ein Schild mit der KM Angabe. Ab KM 70: Kilometer 70, Finish in 30 km. Diese „Finish Angabe ist neu! Man weiß halt, dass an diesem Zeitpunkt einfache Rechenaufgaben auch von uns Läufern kaum zu bewältigen sind. Daher bekommt man wie die Abiturienten 2019 in Bayern (?) leichtere Aufgaben oder eben die Lösung. Ob die Angabe: Noch 30 km, aber zu dem Zeitpunkt aufbaut??? Bibern, KM 76,7: Von nun an nur noch eine große Steigung, ab dann geht es bergab. Auch mit uns? Die Oberschenkel müssen im Bergabteil bis KM 81 schon einiges aushalten. Ich nehme mir vor: Nur noch Stafetten-Läufer sollen uns überholen. Läufer mit Radbegleitung, die uns an den VPs überholen, will ich wieder „einfangen“. Bei den schweren Bedingungen dieses Jahr, denke ich Thore hat auch mit 9:15 noch eine Podestchance, wenn wir aufpassen. Und wir kämpfen. Den ganzen langen Weg bis KM 91 dem Fluss Aare entlang und noch weiter. Selbst zwischen KM 98 und 99 kennen wir keine Gnade und „sacken“ noch einen mit seinem Radbegleiter ein. (99 bis Ziel wäre eigentlich tabu?!). Zieleinlauf: Gemeinsam, wie oft die letzten Jahre. Persönliche Begrüßung vom OK Präsidenten und auch Hanjo ist da. Dann ab ins Zielzelt mit Sofa und „post 100 km Verpflegung einschließlich alkoholfreiem Bier. Und es hat sich nicht nur mit einem weiteren unvergesslichen Abenteuer gelohnt. Gesamtplatz 24 Thore und ich 25, sowie Thore als Sieger der AK 20. Und Jule? Sie hat bei Ihrem „Erstwerk“ alles erfüllt und muss die vielen Eindrücke erstmal verarbeiten. Mit Platz 7 in der AK aber sofort internationale Spitze. Fragt sie doch nach ihren Eindrücken selbst (oder uns) und besucht uns mal bei unserem Lauftreff am Mittwoch um 18:30 Uhr in Bräunlingen. Dort kann jeder kommen, auch wenn er „nur 7 min/km läuft“.